Nach monatelangen Diskussionen und einem langwierigen Prozess hat der Bundesrat das Wachstumschancengesetz am 22.03.2024 final beschlossen. Während der Vermittlungsausschuss am 21.02.2024 noch keine echte Einigung zwischen den Parteien erzielen konnte, stimmte der Bundesrat dem angepassten Gesetz mehrheitlich zu. Mit diesem Beschluss wird u.a. auch das sehr wichtige Thema zur Verpflichtung einer elektronischen Rechnung im B2B-Markt aufgenommen und in mehreren Schritten umgesetzt.
Hintergrund
In vielen EU-Mitgliedsstaaten setzt man schon lange auf die EU-Reformvorschläge zur Digitalisierung der E-Rechnung. Im Dezember 2022 veröffentlichte die EU-Kommission im Rahmen der Initiative „VAT in the Digital Age (ViDA)“ einen Vorschlag für eine Richtlinie, die auf dem Hintergrund der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug als einen von drei Punkten auch Mehrwertsteuermeldepflichten und elektronische Rechnungsstellung enthält.
In Deutschland reagierte die Regierung bisher verhalten auf das Thema im B2B Markt; immerhin wurde 2021 im Koalitionsvertrag der Wille zur Umsetzung bekundet. In dem Vertrag ist die schnellstmögliche Einführung eines elektronischen Meldesystems festgeschrieben, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet werden soll.
Nun also liegt die Entscheidung vor, basierend auf dem EU Rechnungsstandard CEN 16931 (Richtlinie 2014/55/EU vom 16.04.2014). Dieser Standard ist bereits seit 2020 bei grenzüberschreitenden öffentlichen Aufträgen im B2G (Business to Government) unter dem Namen „X-Rechnung“ in Deutschland verpflichtend.
Wichtige Eckpunkte der Umsetzung
Ab dem 1. Januar 2025 wird der Empfang einer E-Rechnung gemäß EN16931 für alle deutschen B2B-Geschäfte verpflichtend
Ausnahmen gelten für Rechnungen unter 250 Euro gemäß § 33 UStDV und für Fahrausweise gemäß § 34 UStDV. Auch sind Rechnungen an Endverbraucher nicht betroffen
Nach dem 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2026 können zunächst noch Papierrechnungen sowie E-Rechnungen in Formaten, die nicht den neuen Vorgaben an elektronische Rechnungen entsprechen, ausgetauscht werden
Die Priorität der Papierrechnung entfällt. Die Zustimmung des Empfängers für den Erhalt von EN16931-konformen E-Rechnungen ist nicht mehr erforderlich. Während der Übergangsfrist muss der Rechnungsempfänger der Abweichung von der E-Rechnungs-Verpflichtung bei „sonstigen“ elektronischen Formaten (z.B. PDF-Dokumente) explizit zustimmen
Nach dem 31. Dezember 2026 bis zum 31. Dezember 2027 gilt diese Übergangsregelung nur noch für rechnungsstellende Unternehmen, die weniger als 800.000 Euro Umsatz im Jahr erzielen
Bei Nutzung vom Rechnungsaustausch im EDI-Format, die nicht den Vorgaben entsprechen, besteht eine zulässige Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2027
Welche gängigen Formate der E-Rechnung gibt es?
X-Rechnung
Die X-Rechnung ist ein strukturiertes Datenformat für elektronische Rechnungen, das von der „Koordinierungsstelle für IT-Standards“ (KoSIT) entwickelt wurde und bereitgestellt wird. Die Rechnung kann damit direkt elektronisch weiterverarbeitet werden. Mit der klassischen visuellen Rechnung, wie wir sie kennen, besteht kein Zusammenhang, da somit nur die relevanten Daten direkt ausgetauscht werden. Die X-Rechnung findet bereits im öffentlichen Auftragswesen Anwendung.
ZUGFeRD 2.0 / Factur-X
ZUGFeRD 2.0 und Factur-X (französisches Datenformat) sind gleichbedeutend. Dieses Format ist in Zusammenarbeit mit Deutschland und Frankreich entstanden und stellt ein Hybridformat dar. Dabei werden die Rechnungsformate XML und PDF vereint. In der PDF-Datei (PDF A/3), die sich visuell wie eine Rechnung darstellt, ist eine XML eingebettet. Die XML trägt den strukturierten Datensatz, der alle relevanten Informationen einer Rechnung enthält. Es bleibt damit dem Anwender überlassen, ob er lediglich die PDF verwendet oder den XML-Datensatz. Der Vorteil ist, dass der Austausch in diesem Format ohne vorherige Absprache mit dem Empfänger möglich ist.
EDI Format
Das EDI-Format ist originär ein Datenaustauschformat, welches bereits seit 1988 als standardisiertes Format existiert (EDIFACT). Über dieses Format können auch Rechnungsdaten übermittelt werden (EDIFACT INVOIC). Für EDI wird eine spezielle Schnittstelle benötigt. Das EDI-Format ist bereits etabliert, aber auch nicht mehr das Neuste.
Allgemein:
In der zunehmend digitalisierten Wirtschaft ist die E-Rechnung (elektronische Rechnung) zu einem wichtigen Bestandteil des Geschäftsverkehrs geworden. Sie ersetzt mehr und mehr die Papierrechnung und bringt Effizienz und Schnelligkeit in den Rechnungs- und Zahlungsprozess. Für mittelständische Unternehmen in Deutschland und der EU sind mit der Einführung der E-Rechnung nicht nur Vorteile, sondern auch spezifische gesetzliche Anforderungen verbunden, die es zu beachten gilt. Die gesetzlichen Anforderungen der E-Rechnung im Mittelstand können erfolgreich umgesetzt werden und wir beraten Sie bei den Herausforderungen und Chancen, die sich aus der digitalen Transformation des Rechnungswesens ergeben.
Spezifische Anforderungen für den Mittelstand
Anpassung an die Betriebsgröße
Für mittelständische Unternehmen stellt die Einführung von E-Rechnungen eine besondere Herausforderung dar, da sie häufig nicht über die gleichen Ressourcen wie Großunternehmen verfügen. Die Anpassung an die Betriebsgröße ist daher entscheidend. Mittelständler müssen Lösungen finden, die wirtschaftlich tragfähig und skalierbar sind. Dies bedeutet, dass die gewählte E-Rechnungslösung flexibel genug sein muss, um mit dem Wachstum des Unternehmens zu expandieren, ohne dass eine vollständige Überarbeitung des Systems erforderlich ist. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) profitieren am meisten von E-Rechnungssystemen, die sich nahtlos in bestehende Prozesse integrieren lassen und eine einfache Handhabung ermöglichen.
Notwendigkeit der Integration in bestehende Systeme
Die Integration in bestehende Systeme ist ein Schlüsselaspekt. Viele mittelständische Unternehmen nutzen bereits verschiedene Arten von Buchhaltungs- oder ERP-Software. Die E-Rechnungslösung muss in der Lage sein, sich nahtlos in diese Systeme zu integrieren, um Datenflüsse zu optimieren und Doppelarbeit zu vermeiden. Dies erfordert oft eine sorgfältige Auswahl von Software-Anbietern oder die Entwicklung maßgeschneiderter Schnittstellen. Die Integration soll nicht nur die Rechnungsstellung und -verarbeitung erleichtern, sondern auch den allgemeinen Geschäftsprozess unterstützen, wie z.B. das Bestandsmanagement, die Auftragsabwicklung und das Kundenbeziehungsmanagement.
Berücksichtigung von Datenschutz und Datensicherheit
Datenschutz und Datensicherheit sind für mittelständische Unternehmen von größter Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die strenge Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU. Die Verarbeitung von Rechnungen beinhaltet oft sensible Daten, die geschützt werden müssen. E-Rechnungssysteme müssen daher robuste Sicherheitsmaßnahmen beinhalten, um die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Daten zu gewährleisten. Dies umfasst Verschlüsselungstechnologien, sichere Übertragungskanäle und Maßnahmen zur Datenspeicherung. Zudem müssen mittelständische Unternehmen sicherstellen, dass ihre E-Rechnungslösungen den gesetzlichen Anforderungen zur Datenspeicherung und -verarbeitung entsprechen. Dies kann zusätzliche Investitionen in Sicherheitstechnologien oder Beratungsdienste erforderlich machen.
Insgesamt müssen mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung von E-Rechnungen eine Balance zwischen Kosten, Effizienz, Sicherheit und Compliance finden. Dabei ist es wichtig, dass sie Lösungen wählen, die sowohl den aktuellen als auch den zukünftigen Bedürfnissen ihres Unternehmens entsprechen.
Fazit
Die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung ist für mittelständische Unternehmen mehr als nur eine technische Neuerung; sie ist ein entscheidender Schritt in Richtung Digitalisierung und Zukunftsfähigkeit. Wie dieser Artikel zeigt, bringt die Umstellung auf E-Rechnungen zahlreiche Vorteile mit sich: von Effizienzsteigerung und Kostenreduktion bis hin zur verbesserten Compliance und Datensicherheit. Die Herausforderungen, die dabei auftreten, wie technische Hürden, organisatorische Veränderungen und die Einhaltung rechtlicher Vorgaben, sind mit einer strategischen Planung, der richtigen Softwareauswahl und unter Einbeziehung der Mitarbeiter bewältigbar.
Der gesetzliche Rahmen in Deutschland, geprägt durch das E-Rechnungsgesetz und die EU-Richtlinie 2014/55/EU, stellt die Weichen für eine umfassende Akzeptanz von E-Rechnungen im Geschäftsverkehr. Die Anpassung an diese Standards ist besonders für Unternehmen relevant, die mit dem öffentlichen Sektor interagieren. Die Berücksichtigung internationaler Standards und Normen, wie XRechnung, ist ebenfalls wichtig, um die Kompatibilität in einem globalen Markt zu gewährleisten.
Staatliche Förderprogramme und Beratungsangebote bieten zusätzliche Unterstützung und sollten von mittelständischen Unternehmen genutzt werden, um den Übergang zu erleichtern. Die Zukunftsaussichten der E-Rechnung sind vielversprechend, getrieben durch Entwicklungen in der Automatisierung, KI und digitalen Plattformen, die die Effizienz weiter steigern und neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen werden.
Abschließend ist es wichtig, dass mittelständische Unternehmen die Einführung der E-Rechnung als integralen Bestandteil ihrer digitalen Transformation begreifen und aktiv angehen. Der Aufruf an diese Unternehmen lautet daher, die notwendigen Schritte zur Implementierung der E-Rechnung zu unternehmen, sich dabei unterstützen zu lassen und die Chancen zu ergreifen, die sich durch diese digitale Umstellung ergeben. Die Zukunft ist digital, und die E-Rechnung ist ein wesentlicher Baustein auf diesem Weg.